Meine sechsjährige Enkelin mit frühkindlichem Autismus wurde
durch einen nicht-sprachlichen Intelligenztest, den viele aus gewichtigen
Gründen gerade für Autisten für ungeeignet halten, als geistig behindert
eingestuft.
Ihr Sprachvermögen ist eingeschränkt, obwohl sie in letzter
Zeit große Fortschritte macht.
Aufgrund ihrer nicht zu stillenden Lust, sich am Laptop
stundenlang kleine, nette und Musik untermalte Filmchen über das ABC, über
Zahlen, über Farben und geometrische Formen anzuschauen, hat sie dadurch auch
viel gelernt.
Das Besondere aber ist: Sie bevorzugt die Filmchen in
englischer Sprache. Sprachwissenschaftler haben heraus gefunden, dass Kinder
gewisse Sprachen wegen ihres Klanges bevorzugen; dazu gehört auch das Englische.
So ist es gekommen, dass unsere Kleine inzwischen das ABC
sehr gut in englisch aufsagen kann, Zahlen bis 20 zügig in englisch aufzählt,
alle Farben in englisch kennt, ebenso die geometrischen Formen. Natürlich kennt
sie nebenbei die entsprechenden deutschen Begriffe.
Jetzt aber kommen die eigenen Denkleistungen.
Entweder benennt sie selber – meist mitten in der Nacht, die
immer sehr früh bei ihr zu Ende ist – gleichzeitig die deutschen und englischen
Begriffe für alle Farben oder für alle Buchstaben oder alle Zahlen. Sie ist
dann wie ein wandelndes Vokabelheft. Niemand ist dann in der Lage, sie dabei zu
stoppen. Sie ist dann auch auf nichts anderes ansprechbar.
Noch bemerkenswerter ist es jedoch, wenn sie noch mehr
Hirnakrobatik betreibt.
Heute morgen um 03.30h hat unser kleiner autistischer Engel
folgende Leistung vollbracht:
Abwechselnd benannte sie (in englisch) jeden Buchstaben des
ABCs und dazwischen (ebenfalls in englisch) eine Farbe, bis das ganze Alphabet
durch war. Danach kam Gleiches noch mit den englischen Zahlen von 1 – 20.
Besonders bemerkenswert war dabei, dass sie immer genau wusste, welchen
Buchstaben oder welche Zahl sie noch vor der Farbe benannt hatte; nichts hat
sie ausgelassen oder vergessen. Doch man konnte ihr richtig ansehen, wie sehr
sie sich dabei anstrengte. Als sie an einer Stelle stockte und ich ihr helfen
wollte, hielt sie sich wütend die Ohren zu, weil sie unbedingt die ganze
Leistung allein erbringen wollte.
Ich war so beeindruckt, dass ich gar nicht wusste, wie sehr
ich unseren kleinen Schatz dafür loben sollte. Doch ich denke, sie war selber
so stolz darüber, was sie geschafft hatte, dass sie sich zwar über mein Lob
freute, mehr aber noch über ihr eigenes Können.
Helena Marie tut noch lange nicht, was man ihr sagt; aber
das, was sie aus eigener Motivation möchte – nämlich Vieles selber und allein lernen
– davon lässt sie sich durch nichts und niemanden abbringen.
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