Autismusshirt

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Sonntag, 30. November 2014

Familien leiden still

Liebe Leser,
immer wieder lese ich in Foren, wie sehr und schnell Familien mit einem autistischen plötzlich isoliert dastehen. Verlassen von einstmals guten Freunden und Bekannten, ja sogar oft von den eigenen Geschwistern oder Eltern.
Ein autistisches Kind ist eine ganz große Herausforderung und stellt die Eltern vor eine riesige Aufgabe, die sie anfangs in der Regel selbst überfordert. Denn da diese Art der "Behinderung" nicht sofort erkennbar ist, merken die Eltern erst im Laufe der Zeit, dass ihr Kind anders ist und ihre Erwartungen nicht erfüllt werden - ihre Erziehungsbestrebungen nicht greifen. Das Kind "hört" nicht, reagiert nicht, verhält sich, wie es will, bekommt Wutausbrüche, zerstört Gegenstände, verletzt u. U. sich und andere und ist alles andere als umgänglich.
Es ist schon wahrhaft schwer genug, bis eine Familie ansatzweise gelernt hat, sich darauf einzustellen und damit umzugehen. Auch machen sich Schuldgefühle breit, selber versagt zu haben, etwas mit diesem Kind falsch gemacht zu haben.
Umso wichtiger wäre es, verständnisvolle Hilfe von allen Seiten zu bekommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Diejenigen, die Stütze geben könnten, wenden sich ab. Entweder sie hauen genau in die Kerbe hinein und stellen die Eltern als Versager hin, die das vermeintlich unerzogene Kind nicht in den Griff bekommen - oder sie wollen sich nicht bei einem Besuch ständig "stören" lassen, weil das Kind "unerträglich" ist.
Am meisten trifft es die Familien, wenn die eigenen Eltern das Enkelkind ablehnen, die Diagnose als "Modekrankheit" abstempeln und die junge Familie nicht unterstützen wollen, weil sie falsche Erziehung als Ursache für das Verhalten des Kindes abtun.
Ich kann nur immer wieder appellieren!!!
Haben Sie Mut und machen Sie den Mund auf!!!
Nehmen Sie ignorante Personen in Selbsthilfegruppen mit, geben Sie Ihnen Infomaterial, zeigen Sie Ihnen Videosequenzen u. v. m.. Tun Sie alles, was zur Aufklärung beiträgt,
Ich selber habe meine Enkelin so akzeptiert, wie sie ist. Ich habe sie von Geburt an mit groß gezogen und jeden einzelnen schwierigen Tag miterlebt. Ich habe mir den Frust (aber auch die schönen Erfahrungen) von der Seele geschrieben. In diesem Buch haben sich schon sehr viele Familien mit autistischen Kindern wieder gefunden.
Aber!!! Dieses Buch hat noch viel mehr unbedarften Menschen die Augen geöffnet.
Wir haben Freunde, die Verständnis für uns, für unsere Lage und für meine Enkelin haben. Denn sie haben das Buch gelesen und Wissen erlangt und dadurch Vorurteile abgebaut.
http://www.tiponi-verlag.de/leseprobe-ilse-gretenkord/
Es grüßt herzlich!
Ilse Gretenkord
 

Samstag, 29. November 2014

Die riesige Freude über jedes neue Wort

Liebe Leser,
bei normal entwickelten Kindern ist die Familie begeistert, wenn zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr die Worte "Mama", "Papa", "Oma" und "Opa" aus dem Kindermund ertönen. Danach geht es Schlag auf Schlag, bis die Kleinen manchmal mit unendlich vielen Fragen und Kommentaren "nerven".
Doch wie riesig ist bei uns die Freude, wenn meine Enkelin mit fünf Jahren erstmals "Mama", "Oma" und "Opa" über die Lippen bringt. In der Logopädie hat sie das Wort "Opa" gelernt, obwohl sie in der Therapie nicht viel nachsprechen möchte. Dort lernt sie jedoch passiv extrem viel. Seit die Kleine seit einem halben Jahr regelmäßig zur Logopädie geht, versteht sie uns, was vorher nicht der Fall war. Anweisungen und Erklärungen gingen an ihr vorbei. Mittlerweile können wir ihr verbal so viel vermitteln, dass der Umgang mit ihr merklich entspannter geworden ist.
Doch der aktive Wortschatz scheint nur noch im Dornröschenschlaf zu liegen und wartet darauf, durch Anlässe aufgeweckt zu werden. Denn jeden Tag erleben wir nun Situationen, in denen meine Enkelin uns mit einem neuen Wort oder sogar einem kleinen Satz total überrascht und riesige Freude auslöst. Besonders aber scheint sie beim Zusammensein mit Fremden und im Kindergarten aktiver zu sprechen als zu Hause. Wir verstehen sie auch ohne Worte. Aber im Umgang mit anderen nützen ihr kein "äh" und "ah" und "ooo", um etwas zu bekommen und zu erreichen. Da gibt sie sich offensichtlich sehr viel Mühe, um aktiv verbal auszudrücken, was sie wünscht und braucht.
Unsere Freude darüber ist unbeschreiblich. Was wir nicht mehr zu hoffen wagten, scheint nun doch zu geschehen: Meine Enkelin wird wohl doch noch sprechen lernen. Wir lieben sie auch unendlich ohne verbale Kommunikation, doch wie viel leichter ist es in vielen Situationen, sich mit Worten verständigen zu können.
Trotzdem: Die Zeit der nonverbalen Kommunikation, die auch noch andauern wird, weil der Wortschatz noch sehr klein ist, hat auch nicht nur Nachteile. Wir haben das Kind und seine anderen Formen der Kommunikationsversuche intensiver beobachtet und kennen ihre Gesten und Gebärden, mit denen sie uns etwas sagen will. Das hat zu einer sehr starken Annäherung an meine autistische Enkelin geführt, von der beide Seiten sehr profitieren.
Einen schönen Sonntag.
Ilse Gretenkord       

Donnerstag, 27. November 2014

Autisten und die Nächte

Hallo, liebe Leser!
Viele autistische Kinder haben keinen normalen Tag- und Nachtrhythmus.
Was das für die Mutter bedeutet, können sich wohl viele Eltern vorstellen, die Kinder haben, die schlecht schlafen. Aber meist legt sich das im Laufe der ersten Kleinkindjahre.
Doch bei autistischen Kindern ist das oft nicht der Fall. Bei meiner Enkelin scheint sich das Problem zu verstärken. In wenigen Monaten wird sie sechs Jahre alt und schläft nachts fast kaum noch. Gegen 18.00h möchte sie freiwillig den Tag beenden. Dann lässt sie sich für die Nacht fertig machen, ihr Licht löschen, ihre Rollläden schließen, ihre Zimmertür verschließen und darf dann noch im Dunkeln so lange spielen, bis sie sich irgendwo vor Müdigkeit hinlegt und schläft. Denn in ein Bett weigert sie sich zu legen.
Danach wird die von zwei Babyphones überwacht. Ihre Mama und ich haben eines, um sie die ganze Nacht hören zu können.
Doch dann dauert es manchmal nur drei, manchmal auch fünf Stunden, bis die Kleine sich zum ersten Mal meldet. Ihr Körper funktioniert leider so, dass sie nachts viel mehr Pipi machen muss als tagsüber. Da sie trotz aller Bemühungen noch Windeln trägt, von denen sie abends vier übereinander zieht, ist sie in der Regel beim Aufwachen völlig nass.
Weil Mama inzwischen unter massiven Schlafstörungen leidet aufgrund der vergangenen Jahre und Schlaftabletten nimmt, stehe ich auf und versorge meine Enkelin. Sie muss dann mitten in der Nacht umgezogen, abgewaschen und neu gewickelt werden. Dann verlangt sie nach ihrem Ipad, um sich mit Lernspielen zu beschäftigen, möchte die Rollläden hochfahren und das Licht anmachen.
Meist ist danach für einige Stunden Ruhe. Beim zweiten Rufen ist meist der Ipad-Akku leer, die neuen Windeln sind wieder voll und das Kind nass. Also wird erneut umgezogen und eine kleine Mahlzeit zubereitet, weil sich inzwischen Hunger eingestellt hat. Da die Kleine ohnehin nur Dauerwerbesendungen sieht, läuft der Fernseher, bei dem durchaus die Möglichkeit besteht, dass das Kind einschläft, wenn die Müdigkeit es endlich einmal übermannt. Sie verweilt also teils wach, teils noch ein wenig schlafend den Rest der Nacht in ihrem Zimmer.
Doch für mich ist die Nacht kaputt. Es ist ein Luxus, wenn meine Enkelin nur einmal ruft, normal ist zweimal und häufig unterbricht sie meinen Schlaf auch noch ein drittes Mal. Der nächste Tag ist dann für mich schon sehr belastend. Die Kleine jedoch nimmt es sich heraus, mehrere Stunden des Kindergartens zu verschlafen, egal, wie laut die anderen Kinder um sie herum toben.
Im SPZ hat man uns wenig Hoffnung gemacht, dass sich das ändern wird. Wir können nur hoffen, dass ich nicht auch noch Schlafstörungen entwickle und dass meine Tochter die ihrigen in den Griff bekommt, so dass wir uns in Zukunft abwechseln können, wenn es nachts im Babyphone unüberhörbar laut wird.
Einen angenehmen Tag wünscht
Ilse Gretenkord   

Mittwoch, 26. November 2014

Welcher Kindergarten wann für autistische Kinder?

Liebe Leser!
Die Frage mag seltsam anmuten.
Doch wir haben die Erfahrung gemacht, dass man sich nicht dem Druck Außenstehender beugen sollte, sondern für das eigene betroffene Kind entscheiden muss, wann es reif ist für den Kindergarten.
Als meine Enkelin drei war, sollte sie in den heilpädagogischen Kindergarten. Wir haben uns die Einrichtung gründlich angesehen und dagegen entschieden. Die Kleine hätte einen 7-stündigen Tag, der vorgeschrieben war, niemals dort durchgehalten. Außerdem waren wir keinesfalls überzeugt, dass man dort ihre große Weglauftendenz und ihre noch nicht entwickelte Fähigkeit, andere Kinder als zu respektierende Lebewesen anzusehen, in den Griff bekommen hätte.
Wir haben zwei Jahre gewartet, obwohl es wesentlich einfacher und entlastender gewesen wäre, das Kind für viele Stunden des Tages nicht ständig selber beaufsichtigen und beschäftigen zu müssen.
In diesen zwei Jahren hat meine Enkelin eine enorme Entwicklung durchgemacht, auch dadurch, dass wir ihr privat behutsam Kontakt zu Kindern ermöglicht haben. Dabei haben wir gemerkt, dass sie sich sehr gern an Kindern ohne Behinderung orientiert, sowohl an kleineren als auch an älteren. Außerdem hat die begonnene Logopädie die Kleine dazu befähigt, wenigstens einfache Anweisungen und Erklärungen zu verstehen, was bis dahin nicht der Fall war. Jetzt fügt sie sich gerne in die recht große gemischte Kindergartengruppe ein, vermeidet Handlungen, die den anderen Kindern missfällt. Denn sie möchte nicht weggeschubst werden. Sie rauft mit gleichaltrigen Jungen, hält Mädchen an der Hand, schmust mit den Erzieherinnen und schläft, wenn ihr alles zuviel wird oder sie in der Nacht zuvor mal wieder kein Auge zugemacht hat.
Hätten wir meine Enkelin mit drei Jahren in den Kindergarten gezwungen, hätte sie den gesamten Tag vor Überforderung nur geschrien, hätte bei Ausrastern und Weglaufen gewaltsam festgehalten werden müssen und hätte sich und andere Kinder gefährdet.
Ich fordere auf zu Mut, individuell für das eigene Kind das Beste zu entscheiden.
Ich wünsche einen schönen Tag.
Ilse Gretenkord   

Dienstag, 25. November 2014

Autisten und der Kindergarten

Liebe Leser!
Ich war nicht schreibfaul, sondern krank.
Ich hoffe trotzdem, dass meine neuen Beiträge jetzt wieder gern gelesen werden.
Inzwischen ist meine Enkelin mit fünfeinhalb Jahren in einen heilpädagogischen Kindergarten gekommen. Warum wir so lange mit dem Kindergarten gewartet haben, werde ich in den nächsten Tagen gerne erklären.
Was ist ein heilpädagogischer Kindergarten? Als wir uns diesen vor drei Jahren ansahen, bestand die heilpädagogische Gruppe aus 8 Kindern und 2 Erzieherinnen, die sich intensiv um die betreuungsintensiven Kinder kümmerten. Allerdings bestand die Auflage, dass die Kinder jeden Tag sieben Stunden in der Einrichtung bleiben mussten.
Wie sieht dieser Kindergarten heute aus? Jetzt ist meine Enkelin in einer Gruppe, die aus 16 Kindern besteht, von denen 3 heilpädagogischen Bedarf haben, 3 integrativ sind und 10 "normale". Für diese große gemischte Gruppe stehen lediglich 2 Vollzeitkräfte und eine Teilzeitkraft zur Verfügung. Was ist das für ein Personalschlüssel? Warum ist ein heilpädagogischer Kindergartenplatz so teuer? Für die Kinder mit heilpädagogischem Bedarf wird nicht einmal eine zusätzliche Integrationskraft zugelassen. Außerdem ist die Verweildauer für diese Kinder auf 6 Stunden täglich reduziert worden.
Ich bin eine Gegnerin von "Inklusion" um jeden Preis. Aber "Hut ab!" Wie diese wenigen Betreuerinnen es schaffen, allen diesen Kindern voll gerecht zu werden, grenzt schon an ein Wunder!!!
Wie unsere Kleine in dem Kindergarten zurecht kommt, schildere ich morgen.
Tschüss!
Eure Ilse Gretenkord 

Nicht sprechen können oder nicht sprechen wollen?

So langsam haben wir das Gefühl, dass meine inzwischen fünfjährige Enkelin mehr versteht.
Mit dem Sprechen jedoch hapert es noch sehr. Ab und an kommt ein neues Wort dazu, das sie jedoch nur gelegentlich freiwillig spricht, nie jedoch auf Aufforderung. Trotzdem scheint sie eine Reihe von Wörtern zu speichern, die sie bei der Logopädin lernt. Die Kleine geht sehr gerne in die Therapie, hat dort viel Spaß, spricht jedoch in der Regel kaum ein Wort nach. Doch Tage später kommt dann das Ergebnis: Als ich gestern mit ihr und dem Opa zum Auto wollte, stand sie vor Opas Tür und rief laut und deutlich erstmals "Opa". Als wir danach aufs Auto zugingen, zeigte sie darauf und konnte plötzlich das Wort "Auto" sagen. Wir waren total begeistert.
Das brachte uns auf den Gedanken, dass die Kleine dann spricht, wenn sie es für angebracht hält. Sie erwartete den Opa und wollte mit uns zum Auto.
Warum aber sollte sie die Worte bei der Logopädin sagen, nur weil diese  ihr ein Bild von einem Auto zeigt oder weil der Opa dabei sitzt und zuschaut und die Enkelin in dem Moment gar nichts von ihm möchte?
Autisten verstehen eben Vieles nicht, was neurotypische Menschen von ihnen verlangen. Deshalb handeln sie auch nicht erwartungsgemäß. Ich denke, damit müssen wir uns arrangieren.