Autismusshirt

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Mittwoch, 28. Mai 2014

Ist Autismus vererbbar?

Vor der Beantwortung dieser Frage habe ich zuerst einmal viel lesen und lernen müssen. Gelesen habe ich jedoch keine wissenschaftlichen Bücher, sondern in Autismusforen. Dort gibt es zu meinem Erstaunen viele Familien, in denen es durchaus mehr als ein autistisches Kind gibt. Meist in der Reihenfolge: Erst z.B. einen Asperger-Autisten, dann einen oder sogar mehrere Kanner-Autisten.
Ich gebe es hier nur so wieder. Eine Ursachenerklärung maße ich mir nicht an.


Dann gibt es immer wieder Familien, in denen ein autistisches Kind erstmals und einmalig vorkommt. Vielfach sind es dann Großeltern, die ihren eigenen Kindern Vorwürfe machen, das Enkelkind nur nicht vernünftig zu erziehen. Hören sie dann von der Diagnose "Autismus", so heißt es direkt: "So was hat es bei uns aber nicht gegeben."
Vorsicht! Vielleicht sollte man spätestens dann anfangen, mal im eigenen Umfeld nachzuforschen, ob nicht doch die eine oder andere verwandte Person des Kindes als immer "schon sehr wunderlich" aufgefallen ist. In der Generation der heutigen Großeltern war Autismus so gut wie nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit und so wuchs mancher Mensch auf, der von seiner Umwelt als Sonderling mit Macken (besonders in Bezug auf gesellschaftlichen Umgang), als Eigenbrödler, als Außenseiter sein Leben fristete. Manche von denen schafften es allerdings sogar, beruflich Fuß zu fassen und eine Familie zu gründen. Dabei war das Zusammenleben mit ihnen jedoch nicht immer einfach (wegen ihrer festgefahrenen Meinungen, Rituale, Besonderheiten, Unfähigkeit zur Flexibilität und Spontaneität , Unzulänglichkeiten, Pedanterie, Ordnungswahn, Ungeschicklichkeiten, Ungeselligkeit, wegen der Schwierigkeit, mit ihnen "normal" zu kommunizieren...).  
Wer als älterer Mensch heutzutage bereit ist, darüber zu reflektieren, wird feststellen, dass es durchaus in der Generation schon unerkannte, nicht diagnostizierte Asperger Autisten gegeben hat, die diese Anlage dem Enkelkind vererbt haben könnten.


Es gibt auch Familien, die erst durch die intensive Auseinandersetzung mit der autistischen Behinderung des Kindes durch Kanner-Autismus nach und nach feststellen, dass sogar der Vater als auch die Großmutter (bisher unerkannte und deshalb noch nicht diagnostizierte) Asperger-Autisten sind.


Es lohnt sich also, darüber nachzudenken, ob die Ursache für den Autismus des Kindes in einer  Vorbelastung durch ein Eltern- oder Großelternteil liegen könnte (nicht zwingend muss). Falls ja, könnte das auch für den "Verursacher" selbst eine Möglichkeit sein, Hilfestellung für das eigene Leben zu bekommen.

Samstag, 24. Mai 2014

Wenn die Kommunikation nicht klappt

Wer kennt das nicht, dass man bei manchen Menschen das Gefühl hat, gegen eine Wand zu reden? Sie scheinen einfach nicht zu verstehen, was man meint.
Wer sich mit Asperger-Autisten auskennt, weiß, wie schwer die Kommunikation mit diesen sein kann (nicht zwingend muss). Sie legen oft jedes Wort auf die Goldwaage, verstehen keine Ironie, keinen Wink mit dem Zaunpfahl, nehmen alles wortwörtlich, missverstehen also auch den Sinn von Redewendungen. 


Was aber ist mit Kanner-Autisten, die gar nicht sprechen und kein Sprachverständnis haben, so dass sie auch das Gegenüber nicht verstehen? Dann wird es richtig schwierig. Natürlich gibt es Möglichkeiten non-verbaler Kommunikation. Doch meist ist es bei frühkindlichen Autisten schon schwer oder dauert sehr lange , dass diese Kinder auf etwas zeigen oder dem Finger der Eltern folgen, die ihnen etwas zeigen wollen. Manche dieser Kinder ergreifen irgendwann auch die Hand der Erwachsenen und ziehen sie dorthin, wo diese Hand etwas ausführen soll.
Der Übergang zur Arbeit mit Bildkärtchen ist schon ein großer Schritt. Denn dazu sind viele Verständnisschritte seitens des Kindes zu bewältigen. Es muss die Symbole verstehen, lernen, auf die Bildkarte zu zeigen oder sie dem Erwachsenen zu bringen, wenn es Entsprechendes möchte. Der Erwachsene wird dabei diese Aufforderung mit Sprache unterstützen, indem er z.B. sagt: "Du möchtest einen Apfel?"
Im günstigen Fall wird das Kind auf diese Weise eines Tages das Sprechen lernen, wobei ca. 50% der Kanner-Autisten leider ein Leben lang non-verbal kommunizieren.


Der umgekehrte Weg, dass ein Kind mittels der Bildkarten "erzogen" werden oder ihm etwas mitgeteilt werden soll, was zu tun ist, wird oft mühsamer. Da geht es um Verbote oder um Handlungsabläufe oder Zeitspannen.
Wenn das Kind z.B. die Kaffeemaschine anstellen möchte, so wären für ein Verbot gleich zwei Symbolkarten nötig: "Kaffeemaschine" und "nein". Diese Verknüpfung ist viel schwerer, zumal das Symbol für "Kaffeemaschine" eindeutig, das für "nein" als solches schon schwierig ist.
Geht es z.B. um das Fertigmachen zum Einkaufen und das Kind will sich nicht anziehen, so sind etliche Bildkarten erforderlich. z.B. "anziehen" (sehr abstrakt), "Einkaufstasche" oder "Geld", "Auto" oder "Buggy", "Einkaufswagen" oder "Kasse" oder weitere Kombinationen. Statt des abstrakten Symboles "anziehen" könnte man "Body", Pullover", Strumpfhose", Hose, Schuhe", Jacke" nehmen, was zeigt, wie aufwändig das Ganze ist.
Geht es beispielsweise um die Uhrzeit, wann ein Familienmitglied nach Hause kommt, so ist das auch schwer erklärbar. Einem kleinen Kind, das Sprache langsam versteht, kann man sagen: "Wenn der Zeiger der Uhr da und da steht, kommt der Papa nach Hause". Das allein mit Bildkarten einem autistischen Kind, das eventuell über einen nicht sehr hohen IQ verfügt, verständlich zu machen, grenzt schon an hohe Kunst.


Das ist erst der erste Schritt, um zu versuchen, autistische Kinder gegebenenfalls ans Sprechen zu bringen. Sollte das wirklich gelingen, dass hierbei schon viele Begriffe und Zweiwortsätze erlernt werden, können weitere Maßnahmen und Hilfsmittel zu großen Erfolgen führen.
 
 

Tiergestützte Therapie

Reittherapie ist bei autistischen Kindern durchaus verbreitet und viele finden Gefallen daran. Pferde waren auch die Lebewesen, die unsere Kleine als erstes als solche und nicht nur als Gegenstände wahrgenommen hat. Das war bei unseren Katzen, die sie viel öfter sah, durchaus nicht der Fall. Eines Tages stand einer unserer Kater ihr auf der Terrasse im Weg. Kurzerhand griff die gerade Dreijährige diesen mit beiden Händen ins Fell, hob ihn an und stellte ihn einen Meter weiter wieder ab. Ein Glück, dass es gerade unser friedvollster Kater war, der nicht mit Kratzen und Beißen darauf reagierte.
Kurz davor hatte ihr jemand einen Hundewelpen auf den Schoß gesetzt. Das Kind hat nicht reagiert; sie konnte mit dem süßen Tierchen nichts anfangen.
Doch bei den riesigen Pferden zeigte sie von klein an keinerlei Berührungsängste. Sie streichelte den Kopf, ließ sich beschnuppern und sogar draufsetzen.
Da Pferde nicht ständig zur Verfügung stehen und auch nicht in Familien und Einrichtungen integriert werden können, sind es die Hunde, die allseits bekannt sind als Helfer für Behinderte.
Auch wir haben vor, in dem Verein, den wir dabei sind zu gründen, Hunde und autistische Kinder zusammen zu führen. In anderen Ländern ist das schon viel weiter verbreitet.
Frei zitiert: "Hunde sind in der Lage, in die Welt autistischer Menschen einzutreten, während Menschen nicht einmal die Chance bekommen, an die Tür zu klopfen."
Autisten sind Menschen, die sich und die Welt auf eine andere Weise wahrnehmen als die neurotypischen. Sie spüren, denken, fühlen und kommunizieren auf anderen Kanälen und empfangen auf anderen Antennen. Daher jedoch können sie einen viel direkteren Zugang zu Tieren finden. Denn beim Kontakt  zwischen Autisten und Tieren stört nicht das Fehlen menschlicher Sprache, weil es viel mehr Formen der Verständigung gibt, die von außen nicht greifbar sind, das Gegenüber jedoch unmittelbar erreichen.
Hunde können leicht das Vertrauen von Autisten gewinnen und ihre großen Defizite im Bereich der Sozialkompetenzen verringern.
Ich nenne ein Beispiel: Zieht ein autistisches Kind ein anderes kräftig an den Haaren, so lacht es nur, wenn dieses vor Schmerz aufschreit. Der Autist kann durch seine fehlende Empathie eine schmerzverzerrte Mimik und das Wort „Aua“ nicht angemessen einordnen. Ein für autistische Kinder ausgebildeter Hund, dem das Kind jedoch zu fest am Schwanz zieht, würde durch ein leichtes Zwicken unmissverständlich klarmachen, dass es zu weit gegangen ist. Diese „Sprache“ könnte das Kind unmittelbar verstehen.

Donnerstag, 22. Mai 2014

Autisten sind individuelle Persönlichkeiten

Immer wieder lese ich in Foren, dass Eltern dieselbe Diagnose für ihre Kinder erhalten, diese dann vergleichen und dabei feststellen, dass sie sich in vielen Punkten des Verhaltens unterscheiden.
Warum wohl?
Weil Autisten Menschen sind - und jeder Mensch ist eine einzigartige, individuelle Persönlichkeit, die man nicht auf einige wenige Verhaltensmerkmale reduzieren kann.
Viele meinen, bei einer Diagnose wie z.B. Autismus könne man sagen:
Ein Autist lässt sich nicht anfassen, schreit bei lauten Geräuschen, zieht sich immer stumm in eine Ecke zurück, schaukelt stereotyp hin und her...............(und was sonst noch alles für Vorstellungen in den Köpfen der Menschen an falschen Vorstellungen darüber vorhanden ist).
Erstens umfasst Autismus ein unendlich weites Spektrum an Verhaltensweisen und zweitens ist jeder Autist anders.
Ich halte mich an die Worte einer Freundin:
"Kennst du einen Autisten - kennst du einen Autisten".  

Mittwoch, 21. Mai 2014

Dank

Ich möchte denjenigen danken, die mein Buch "Fanti, das kleine Schlitzohr - Leben mit einem autistischen Kleinkind" bereits gelesen haben. Es ist erst am 1.5.15 erschienen; doch es gibt schon über 80 Leser und die Rückmeldungen sind überwältigend.
Momentan sammle ich die Emails, die ich bekomme, in denen sich Fremde ebenso wie Bekannte für die bewegende Darstellung bedanken und sich jetzt ein Bild davon machen können, was es heißt, ein autistisches Kind großzuziehen - und - was Autismus bedeutet.
Ich hoffe, dass ich die Genehmigung bekomme, diese Emails einmal veröffentlichen zu dürfen.
Ich danke den Lesern aber auch deshalb, weil sie dazu beitragen, dass die Initiative zur Hilfe für Kanner-Autisten durch den Buchverkauf schon einen Geldbetrag hat beiseite legen können, da 50% aus dem Reinerlös in die zukünftige Vereinskasse fließen.

Montag, 19. Mai 2014

"Heilen" um jeden Preis?

Wer wünscht sich nicht, dass eine bisher als unheilbar geltende Behinderung plötzlich durch Therapie oder Medikamente heilbar sein soll?
Über das verruchte MMS möchte ich mich hier nicht auslassen.
Ich wehre mich gegen die Versprechen der fanatischen Vertreter der ABA-Methode, die die wehrlosen Kinder konditionieren wie einen Hund, die sie stundenlang drillen, die ihren Willen brutal brechen, die sie zu funktionierenden Robotern machen, die zwar große, vorzeigbare Ziele erreichen, bei denen der Mensch (das autistische Kind) als verletzliche Persönlichkeit jedoch auf der Strecke bleibt.
Die ganze Familie muss mitmachen, muss aushalten, dass das wehrlose Wesen stundenlang an einen Tisch gesetzt wird und zu gewünschten Verhaltensweisen gezwungen wird. Nur dann, wenn das Kind eine solche Verhaltensweise aus Verzweiflung endlich zeigt, wird es mit Jubelgeschrei und einem Gummibärchen belohnt. Alles, was dem Kind lieb und wert ist, wird ihm während der unendlich langen täglichen Erziehungsstunden genommen. Es muss lernen, zu funktionieren, gewünschte Verhaltensweisen zu zeigen, die es nicht versteht, die nicht seiner Art entsprechen, nur um wieder eine kleine Belohnung zu bekommen. Die Eigenart des Kindes wird ausgemerzt, der Wille gebrochen, die Persönlichkeit zerstört.
So geht das Tag für Tag, über Wochen und Monate.
Danach kann das autistische Kind viel mehr als zuvor; es gehorcht, es kann evtl. sogar richtig sprechen....--  es ist "geheilt???
Aber zu welchem Preis?
Es ist zu einem psychisch zerstörten Roboter geworden, dessen Eltern dafür ca. 50000,00€ bezahlt haben. Denn die meisten Stellen lehnen die Übernahme der Kosten ab, weil sie auch nicht von der Methode überzeugt werden können.
Es gibt auch Menschen, die von sektenhaften Methoden sprechen, die die Eltern einer Gehirnwäsche unterziehen, dass sie bereit sind, für ihre Kinder so viel Geld zu investieren, um sie "heilen" zu lassen.
Es gibt inzwischen sogar Selbsthilfegruppen sogenannter "ABA-Geschädigter" http://auties.net/taxonomy/term/122.


Fazit: Keine Kindererziehung funktioniert ohne Konditionierung: Ein Eis versprechen, wenn das Kind beim Zahnarzt lieb ist; eine Münze in sein Sparschwein werfen, wenn es freiwillig Unkraut im Garten gerupft hat....


Aber das ist weit von dem entfernt, was ABA (angewandte Verhaltensanalyse) - harmloser Ausdruck für operantes Konditionieren - verfolgt.
Operantes Konditionieren: Erst wird das gewünschte Verhalten gezeigt, dann wird es durch eine Belohnung verstärkt, damit es öfter gezeigt wird.



Sonntag, 18. Mai 2014

AUFKLÄRUNG über AUTISMUS

Wer weiß schon, was AUTISMUS ist?
Es gibt Betroffene, Angehörige von Betroffenen, Forscher zu dem Thema und ganz Außenstehende, die mal das eine oder andere (Richtiges oder Falsches) darüber gehört haben.
Sehr wertvoll für die Aufklärung sind Betroffene, die in der Lage sind, über sich selbst und ihre "Sicht und Wahrnehmung der Welt" zu berichten. Davon gibt es jedoch leider wenige und sie schaffen es auch meist "nur" in schriftlicher Form, weil sie nach wie vor Schwierigkeiten haben, sich in der "Welt neurotypischer Menschen" öffentlich zu präsentieren. Sie gehören zu der Gruppe intelligenter Autisten (z.B. mit Asperger Syndrom), die sich sprachlich ausdrücken können und zusätzlich auch noch die Gabe haben, über ihr Anderssein zu reflektieren. Diese Differenzierung zwischen ihrer Wahrnehmung und Lebensbewältigung und derer der neurotypischen Menschen gelingt aber auch nur wenigen Asperger Autisten. Entweder sie halten sich selber für neurotypisch oder sie merken ihr Anderssein und können nur in einem für sie speziellen Umfeld (besonderer Arbeitsplatz, sehr rücksichtsvoller Partner...) ein gut erträgliches Leben in unserer Gesellschaft verbringen.
Diejenigen, die schwerer beeinträchtigt sind durch frühkindlichen (Kanner-)Autismus, verbringen ihr Leben als Erwachsene in der Regel in Behindertenwohnheimen.
Daneben gibt es noch etliche weitere Zwischenformen aus dem Spektrum der autistischen Störungen.
Desweiteren sind Angehörige von Autisten sehr wertvoll für die Aufklärung. Denn sie ziehen sie in der Regel von klein auf groß. (Mit einer Ausnahme: Bei immer mehr Menschen wird erst im Erwachsenenalter Asperger Autismus diagnostiziert).
Treten jedoch die Symptome spätestens im zweiten Lebensjahr auf, so beginnt für die Familien ein "Leidensweg". Zuerst das Trauma innerhalb der Mutter-Kind-Beziehung, dass das Kind die Mutter abzulehnen scheint und keinen Kontakt will. Dann die Auffälligkeiten beim Spielen, Essverhalten, bei der Sprachentwicklung und in fehlendem Sozialverhalten. Dann die negativen Reaktionen von Verwandten, Freunden und Bekannten, wenn sich das Kind zunehmend auffällig verhält (schreit, nicht gehorcht, sich nicht altersgemäß verhält...). Schließlich die Kritik volle Reaktion der Öffentlichkeit auf das unerzogene Kind und die unfähige Mutter.


Mir hat dabei mein Buch sehr geholfen. http://www.tiponi-verlag.de/leseprobe-ilse-gretenkord/
Alle ( über 80 Fremde, Freunde und Bekannte, die es bisher gelesen haben), sehen mein Enkelkind und uns jetzt mit ganz anderen Augen und haben Respekt vor der Aufgabe, ein solches Kind mit Liebe großzuziehen.


Jeder hat eine andere Art, über Autismus aufzuklären. Aber alle sollten es tun, damit diese Menschen würdige Mitglieder unserer Gesellschaft werden können.
   

Samstag, 17. Mai 2014

Ein autistisches Kind in fremden Händen?

Was denken und fühlen autistische Kinder? Was verletzt ihre zarte Seele?
Meine Enkelin ist ein fröhlicher kleiner Engel, der in seiner Welt sehr glücklich zu sein scheint. Aber sie benimmt sich nicht unbedingt kompatibel mit allen Regeln der Welt der neurotypischen Menschen. Sie muss erzogen werden, sie muss lernen, sich in einem gewissen Maß lernen, sich gesellschaftlichen Regeln anzupassen.
Aber wann, wie und wo lernt sie das?
Meine Tochter hat Angst, das Kind einem Kindergarten zu überlassen, weil sie nicht weiß, wie man dort mit der Kleinen umgeht, wenn sie sich heftig wehrt, laut schreit, sich nicht beruhigen und händeln lässt, Versuche macht, auszubüchsen, nicht sitzenbleibt, sich regeln nicht erklären lässt, weil sie Sprache nicht versteht. Sperrt man das Kind ein, weil sich das Personal natürlich auch um die vielen anderen Kinder kümmern muss? Lässt man sie stundenlang schreien? Ist jemand da, der versteht, warum sie schreit, weil sie ein für sie wichtiges Ritual nicht einhalten durfte?
Was ist, wenn das Kind nach Hause kommt und wegen fehlender Sprache nicht erzählen kann, wie es ihm ergangen ist? Welche seelischen Verletzungen hinterlässt eine Behandlung, die die Bedürfnisse dieses Kindes nicht berücksichtigen kann?
Die größte Sorge der Mutter ist, dass aus diesem fröhlichen, glücklichen Kind ein trauriges, unglückliches Wesen wird, das seinen Kummer niemandem anvertrauen kann.
Zur Klarstellung: Es geht in keiner Weise darum, irgendwelchen Erzieherinnen irgendetwas zu unterstellen. Es geht einfach darum, dass in einer Einrichtung, in der sich wenige Erwachsene um viele Kinder kümmern müssen, ein einzelnes Kind, das extrem schwierig ist, nicht allein mit all seinen Bedürfnissen berücksichtigt werden kann. 

Freitag, 16. Mai 2014

Umgang mit Stiften und Bastelzeug nicht möglich

Es ist zum Verzweifeln.
Die Kleine ist einfach nicht händelbar. Sie möchte so gerne immer wieder ihren Namen, das Wort "HALLO" und "HI" schreiben, aber nicht auf einem Blatt und schon gar nicht mit uns zusammen. Blitzschnell erwischt sie irgendwo einen Edding, verschwindet damit in ihrem Zimmer -- und so sieht es dort leider auch momentan aus. Überall diese Worte und gemalte Kreise, sogar auf den Fensterscheiben. Ich hasse es!!! In den nächsten Tagen ist eine große Reinigungsaktion angesagt. Danach verschwinden aus dem ganzen Haus alle Stifte. Aber was dann?
Ebenso ergeht es uns, wenn wir mit ihr etwas basteln wollen. Ein laminiertes Bilderbuch mit Bildern aus Prospekten von Gegenständen, die sie aus dem Alltag kennt und auf die sie immer wieder zeigt. Dafür jedoch müssen der Prospekt, die Schere, die Laminierfolien auf dem Tisch liegen und das Laminiergerät steht daneben. Doch sieht schnappt sich den Prospekt und die Schere (womit sie allerdings sehr vorsichtig umgeht),  schleppt sie weg und gibt sie nicht wieder her. Wäre alles von uns vorbereitet, würde sie darauf bestehen, das Laminiergerät selber bedienen zu dürfen.
Es ist so schade, dass wir viele Dinge einfach unterlassen müssen, weil sie bei ihr nicht in machbare Bahnen zu lenken sind. Das macht sehr traurig.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Gefühlsgewitter und sonstige Gedanken

Gestern war ein seltsamer Tag.
Einerseits hatte ich mich gewundert, dass nur wenige das Thema "Inklusion" gelesen hatten. Ist es doch so wichtig für betroffene Eltern, die vor der Frage stehen, an welche Art von Schule ihr autistisches Kind gehen kann und soll.

Dann habe ich mich gestern sehr darüber gefreut, dass mein Buch jetzt schon über die Grenzen Deutschlands hinaus bestellt wird. Allein gestern konnte ich 13 Bücher verschicken.
http://www.tiponi-verlag.de/leseprobe-ilse-gretenkord/
Ich danke an dieser Stelle allen Lesern, die dieses Buch bereits gekauft haben und  damit jetzt schon unseren zukünftigen Verein unterstützen.

Dann geht mir ständig die Unterscheidung zwischen Kanner- und Asperger-Autismus bei recht jungen Kindern durch den Kopf. Wenn ich in den zahlreichen Foren unterwegs bin, so fällt mir auf, dass es offenbar wesentlich mehr Asperger-Kinder gibt als solche mit frühkindlichem Autismus. Für mich sind die Unterscheidungskriterien klar. Doch wenn ich dann so lese, was die Mütter über ihre kleinen Aspies schreiben, meine ich oft, meine kleine Enkelin vor mir zu haben, die eindeutig Kanner-Autistin ist. Ein sehr bekannter Autismusexperte (von dem ich allerdings nicht weiß, ob ich ihn hier öffentlich erwähnen darf), der meine Enkelin letztens über zwei Stunden beobachtet hat, stammt die Aussage: "Sie ist Autistin wie aus dem Handbuch".

Die Kleine ist ein absoluter Sonnenschein und trotzdem eine steinharte Nuss, die nur mit ganz, ganz viel Kraft und Ausdauer, noch viel mehr Nerven, mit besonderer List und unendlicher Liebe zu knacken ist.


Mittwoch, 14. Mai 2014

Gedanken zur Inklusion in der Schule

Das Thema wird kontrovers diskutiert und schlägt hohe Wellen. Ich sehe die Sache aus zwei Blickwinkeln. Einerseits aus Sicht einer Lehrerin, die das Schulwesen somit aus professioneller Sicht kennt -- andererseits als Oma einer Fünfjährigen, die frühkindlichen Autismus hat. Ich zitiere eine Passage aus meinem Buch "Fanti, das kleine Schlitzohr - leben mit einem autistischen Kleinkind, das am 1.5.14 beim TIPONI-Verlag erschienen ist.

Große Hoffnung setzen wir auf die Förderschule, die wir jetzt schon für Marie ausgesucht haben. Dort werden behinderte Kinder elf Jahre lang gemäß ihrer persönlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten gefordert und gefördert. Für ca. 8 – 10 Kinder sind jeweils zwei Lehrer zuständig, die versuchen, ihnen lesen, schreiben, rechnen, kochen, Dinge des Alltags, aber auch schwimmen beizubringen und sie darauf vorzubereiten, später in Behindertenwerkstätten und betreuten Wohnheimen leben zu können.
Natürlich vermittelt diese Schule keinen Schulabschluss. Aber was soll ein Kind wie Marie damit? Sie wird sich nie in die normale Gesellschaft eingliedern lassen und dort ihren Platz einnehmen. Umso lächerlicher ist es, dass ihre Mama das Recht hätte, sie auf eine Regelschule zu schicken. Klasse. Was denken sich die Schulpolitiker bei dem so genannten Konzept der Inklusion? Wer soll die Verantwortung für ein Kind wie Marie übernehmen, die auch mit sechs Jahren nie unbeaufsichtigt sein dürfte, was in einer Regelschule gar nicht zu leisten ist. Was soll Marie in einer Regelschule, wenn sie nicht einmal die Anweisung versteht, sich auf den Stuhl zu setzen, geschweige denn, dass sie diese dann auch befolgen würde? Was sonst sollte sie von Unterricht mitbekommen? Ein Kind, das nicht eine Minute lang still an einem Platz bleibt, sondern sich seinen Bereich und seine Materialien selber sucht und keinerlei Unterrichtsinhalte verstünde. Soll es zum Klassenclown werden? Soll es von Anfang an von den Mitschülern gemobbt werden? Soll der Lehrer zwischendurch die Windel wechseln? Soll der Lehrer die Klasse allein lassen, um hinter Marie herzulaufen, wenn sie wieder einmal aus der Klassentür entwischt ist? Sollen sich alle köstlich amüsieren, wenn Marie zwischendurch auf den Gedanken kommt, sich bis auf die Windel auszuziehen und dann auf der Fensterbank herumzuspazieren? Wie sollen die anderen Kinder lernen können, wenn Marie völlig unvermittelt und laut anfängt zu singen, ohne dass man sie daran hindern könnte? Marie hätte auch bestimmt Spaß daran, den anderen Kindern die Hefte und Stifte zu entreißen, den Papierkorb zu entleeren, die Schultaschen der Mitschüler auszuräumen, das Licht im Raum ständig ein- und auszuschalten. Ihr fiele bestimmt noch viel mehr ein.
Was denken sich Schulpolitiker dabei, gesunden Kindern ein auf diese Weise behindertes Kind zuzumuten? Unterricht und Lernen wird unmöglich, die Lehrkraft ist völlig überfordert, die Eltern sind zu Recht aufgebracht. Marie gehört nicht in eine Regelschule. Sie muss in eine Einrichtung, in der die Lehrer- Schüler-Relation eine andere ist, in der die Lehrer speziell ausgebildet sind, in der andere behinderte Kinder ebenfalls das Unterrichtstempo beeinträchtigen, so dass nur das geschafft wird, was machbar ist, weil kein Lehrplan ein bestimmtes Soll vorgibt. Hier kann auch ein Kind wie Marie langsam daran gewöhnt werden, dass sie eine Weile auf ihrem Stuhl sitzen bleibt, dass sie sich bei anderen Kindern abguckt, gewisse Dinge im Rahmen ihrer Fähigkeiten nachzumachen. Hier kann ein Lehrer sie wieder einfangen, wenn sie aus der Klasse entwischt, ohne dass die anderen Kinder unbeaufsichtigt zurück bleiben. Hier ist auch das Schulgelände gesichert, so dass Schüler nicht weglaufen können. Hier kennt jeder Lehrer jeden Schüler, so dass ein Kind, das sich aus Versehen mal irgendwo aufhält, wo es nicht hingehört, sofort wieder in den richtigen Raum zurück gebracht wird.
In einer Regelgrundschule kommen oft schon die Kleinen allein zur Schule, laufen selbstständig durchs Gebäude, finden ihre Klasse, bleiben selber bei ihrer Gruppe und werden nur während der Unterrichtsstunden und in den Pausen beaufsichtigt.
Undenkbar für ein Kind wie Marie. Man darf sie – außer in einem abgeschlossenen Raum, der sicher ausgestattet ist  – keine Minute aus dem Auge lassen. Sonst macht sie sich selbstständig auf den Weg und niemand weiß, was passiert und ob man sie überhaupt und wenn ja, unverletzt wiederfindet.
Integrative Schule ist durchaus sinnvoll für Kinder mit körperlichen Behinderungen oder leichten geistigen Schwächen. Sie können durch zusätzliche Hilfsmittel genauso lernen wie die gesunden Kinder und dadurch auch Schulabschlüsse erwerben.
Aber die Idee, Förderschulen auf Dauer abschaffen zu wollen und alle Kinder in Regelschulen zu integrieren, macht uns richtig Angst. Sollte das tatsächlich noch während Maries schulpflichtiger Jahre umgesetzt werden, setzen wir alle Hebel in Bewegung, um zu verhindern, dass sie dann noch zur Schule gehen muss.
Noch jedoch haben wir die Hoffnung, dass Marie eine schöne Schulzeit in der Förderschule erleben wird. Unsere einzige Sorge sind momentan noch die langen Schultage. Mit knapp viereinhalb Jahren ist Marie schon nach einer Therapiestunde geschafft und möchte am liebsten erst einmal ihre Ruhe haben. Ein Schultag würde bedeuten: Abholen mit dem Behindertenbus morgens um 7.00h; Unterricht von 8.00h bis 16.00h; Rückkehr nach Hause um 17.00h. Wenn sie dann immer noch ein ausführliches Zubettgehritual braucht zuzüglich Körperpflege, vorher aber noch viel Zeit braucht, um die Eindrücke des Tages zu verarbeiten: Dann wird die Nacht kurz und wahrscheinlich auch sehr unruhig. Morgens braucht Marie auch für ihre ganzen Verrichtungen ca. 1,5 Stunden. Und je mehr wir drängen, desto langsamer geht es. Zwang führt zu gar nichts. Momentan braucht sie mindestens 12 Stunden Schlaf. Die müssten drastisch reduziert werden, wobei wir noch nicht einschätzen können, wie sie das verkraftet.
 
Fakt ist, dass viele Schulen räumlich noch gar nicht auf die Situation eingerichtet sind. Ruheräume für Autisten, die sich zwischendurch zurückziehen müssen, gibt es nicht. Die Lehrer an Regelschulen sind nun mal keine Sonderpädagogen und sind deshalb nicht ausgebildet für den Umgang mit autistischen Kindern, die völlig anders reagieren als neurotypische Kinder. Lehrer, die sich um 20-30 Kinder in einer Klasse kümmern müssen, haben gar nicht die Möglichkeit, sich speziell um ein autistisches Kind zu bemühen. Die so genannten Schulbegleiter und Integrationshelfer, die autistischen Kindern zustehen, sind rar, werden oft nicht bewilligt, sind zum Teil keine Fachkräfte und bringen, wenn davon mehrere in der Klasse sind, viel Unruhe in den Unterricht.
 
An sich ist der Gedanke gut, Autisten nicht wie Sonderwesen zu betrachten und sie soweit wie möglich in die Gesellschaft einzubeziehen. Es gibt auch autistische Kinder, bei denen der Besuch einer Regelschule funktioniert. Denen sollte er auf keinen Fall verwehrt werden. Ich wehre mich nur dagegen, dass auf Dauer Förderschulen abgeschafft werden sollen, in denen Kinder (die sich im stressigen Trubel allgemeiner Schulen nie zurecht finden und dort gemobbt würden) in Ruhe nach ihren Fähigkeiten gefördert und gefordert werden. 

Dienstag, 13. Mai 2014

Starke Wetterfühligkeit und schlechtes Schlafen bei Vollmond

Ziehen Tiefdruckgebiete auf oder bahnen sich starke Gewitter an, so werden Tiere sehr unruhig. Viele Hunde kläffen deutlich mehr, Katzen, die normaler Weise friedlich zusammen leben, werden aggressiver, etliche Pferde sind dann kaum reitbar und autistische Kinder bekommen plötzlich bei Kleinigkeiten wilde Ausraster, so genannte "meltdowns". Ihre Urinstinkte scheinen deutlicher zu funktionieren als bei neurotypischen Menschen, obwohl es auch unter denen wetterfühlige gibt.
Die Vollmondnächte sind bei unserer Fünfjährigen, die frühkindlichen Autismus hat, ganz schlimm. Da schläft sie mit vielen Unterbrechungen maximal sieben Stunden, was für sie eindeutig zu wenig ist. Dann sind die Tage auch entsprechend anstrengend für sie selber und für diejenigen, die sie mit ihr verbringen. Dann nämlich ist sie noch viel weniger aufnahmefähig für Impulse aus der Welt der "Normalos", möchte sich allen Regeln widersetzen, weiß aber auch mit sich selber nicht viel anzufangen. Trotzdem kommt sie auch tagsüber nicht zur Ruhe, was sie sonst sehr gut schafft, wenn sie für sich eine Auszeit braucht. Aus dem sonst fröhlichen und in seiner eigenen Welt sehr glücklichen Kind wird an den Tagen ein ständig weinendes, unruhiges Menschlein, das sich weder trösten noch erfreuen noch beruhigen lässt. Das tut uns immer so leid, aber wir kommen nicht an die Kleine heran.

Montag, 12. Mai 2014

Freunde und Bekannte von Familien mit autistischen Kindern

Wie ändert sich der Freundes- und Bekanntenkreis von Familien, die ein autistisches Kind haben?
Ich erzähle mal aus eigener Erfahrung - vielleicht können sich andere darin wiederfinden.
Meine Tochter hat ihre damals beste Freundin als Taufpatin für ihr Töchterchen gewählt. Als nach knapp zwei Jahren deutlich wurde, dass die Kleine "anders" war, merkte man schon, dass die Freundin bei Besuchen kein Interesse zeigte, sich auch nur kurz mit dem Kind zu beschäftigen. Nach der Diagnose wurden die Besuche seltener und zum Geburtstag des Kindes wurde ein Päckchen geschickt. Doch in dem Moment zeigte sich, dass die Patin nichts verstehen wollte oder konnte. Ihr wurde klar gesagt, dass ihr Patenkind weder ein Bilderbuch ansehen würde noch Sprache versteht, sich aber an Musik erfreut. Doch was schickte sie? Bilderbücher, Vorlesebücher und Vorlese-CD´s. Warum nicht einmal eine CD mit Kinderliedern?
Meine Tochter war fassungslos angesichts solcher Ignoranz. Inzwischen herrscht Funkstille.
Dafür jedoch gibt es auf der anderen Seite inzwischen eine Reihe neuer Bekannte und Freunde, die sich echt für die Kleine (inzwischen fünf Jahre alt) und das Phänomen "Autismus" interessieren, die sich vor einem Besuch lange Gedanken machen, was sie ihr Sinnvolles mitbringen können. Sie nehmen sie so, wie sie ist und erfreuen sich an ihrem frohen Lachen.
Auch ich als Großmutter, die als zweite Bezugsperson der Kleinen im Freundes- und Bekanntenkreis fast nur noch vom Enkelkind erzählt, habe einige frühere Kontakte verloren, dafür aber erstaunlich mehr echte dazu gewonnen. Denn wer mein Enkelkind und mein Engagement für dieses nicht akzeptiert, kann mir gestohlen bleiben. Jetzt habe ich zwar viel weniger Zeit, mich mit Freunden zu treffen, kann mich dafür aber telefonisch umso intensiver mit ganz vielen austauschen, zu denen die Beziehung viel enger geworden ist, weil sie zuhören und mitfühlen.

Sonntag, 11. Mai 2014

Für Großeltern von Familien, die ein autistisches Kind haben

Gestern erhielt ich eine erschreckende Mail. In einem Verein für Autisten hatten Eltern darum gebeten, dass für ihre eigenen Eltern und Schwiegereltern ein Aufklärungsabend über Autismus stattfinden möge.
Der Hintergrund: Junge Familien mit einem autistischen Kind werden nicht selten von ihren eigenen Eltern geschnitten oder extrem kritisiert, weil diese sich weigern, sich mit dem Phänomen "Autismus" zu befassen. Die ältere Generation wirft der jüngeren vor, ihr schwieriges Kind einfach nur falsch zu erziehen.
Auch ich kenne persönlich mehrere Familien, die über das gleiche Problem klagen. Eines der Elternpaare hat mehrere kleine Kinder; die Großeltern sind gerne bereit, die Kinder ab und an zu sich zu nehmen -- mit Ausnahme des autistischen Enkelsohnes. Das ist so hart für die Eltern, wenn eines ihrer Kinder von den Großeltern abgelehnt wird.
Ich bin Oma einer fünfjährigen Kanner-Autistin, die ich vom ersten Tag an zusammen mit meiner alleinstehenden Tochter groß ziehe. Seitdem ist in meinem Leben nichts mehr wie zuvor. Alles - die Tagesplanung, die Wohnsituation, die Kontakte - hat sich um 180° gedreht. Der Alltag ist extrem anstrengend, Freizeit und Verreisen sind seitdem passé; mein Wissenshorizont jedoch hat sich enorm erweitert. Vor allen Dingen aber hat der "kleine Engel" mein Leben enorm bereichert. Das hat mich auch dazu veranlasst, mein Buch "Fanti, das kleine Schlitzohr -Leben mit einem autistischen Kleinkind" zu schreiben, das am 1.5.14 im TIPONI-Verlag erschienen ist. Meine Tochter und ich initiieren momentan auch die Gründung eines Vereins zur Hilfe für Kanner-Autisten; denn es gibt noch viel zu wenig Unterstützung für Familien mit solchen Kindern.  
Liebe Leser, wenn es in Ihrer Familie auch Großeltern gibt, die ihr eigenes Enkelkind aus Unwissenheit über das Phänomen frühkindlicher Autismus meiden, dann empfehlt ihnen dieses Buch. Es wird sie bestimmt sensibilisieren für das Problem und die Familie wieder näher zusammenführen.

Samstag, 10. Mai 2014

Hallo,
bin total platt, wie mein Buch "Fanti, das kleine Schlitzohr - Leben mit einem autistischen Kleinkind", das erst am 1.5.14 beim TIPONI-Verlag erschienen ist, bei den Lesern ankommt. Die ersten 50 Exemplare sind schon verkauft und das Faszinierende ist: Gerade Nichtbetroffene sind erschüttert und berührt von der wahren Lebensgeschichte und den Schilderungen über frühkindlichen Autismus. Denn gerade Menschen, die bisher wenig über Autisten erfahren und keinen persönlichen Kontakt haben, können sich gar nicht vorstellen, was es bedeutet, einen solch wertvolles Menschenkind großzuziehen, das aber die ganze Kraft der Familie braucht.
Die Zahl der Autisten steigt stetig an. Während die Zahl der diagnostizierten Autisten vor 30 Jahren noch bei 4:10000 lag, liegt sie heute bei 1:100. Daher sollten auch diejenigen, die in der eigenen Familie nicht betroffen sind, mehr über das Phänomen wissen. Denn sie begegnen diesen Menschen immer häufiger in der Gesellschaft, ohne es auf den ersten Blick zu sehen.
Denn selbst den Kindern mit frühkindlichem Autismus (der nicht so häufig auftritt und als schwere Behinderung gilt) sieht man ihre Behinderung in der Regel nicht an. Im Gegenteil: Sie sind oft besonders hübsch, sehen aus "wie kleine Engel".
Diese kleinen Engel leben in ihrer eigenen Welt und kommen in unserer schwer zurecht. Mit ganz viel Liebe und noch mehr Geduld gelingt es zeitweise, an sie heran zu kommen und sie ein wenig an das Leben in dieser Welt heran zu führen. Vollständig gelingt das nie. Viele dieser Menschen lernen niemals, verbal mit uns zu kommunizieren, brauchen immer ihre Schutzräume und Rituale, um sich zurückziehen zu können. Aber sie sind ein Geschenk des Himmels.

Samstag, 3. Mai 2014

Mütter von autistischen Kindern

Heute ist mir als Großmutter meiner fast fünfjährigen Enkelin erstmals klar geworden, wie sehr meine Tochter vom ersten Tag an gelitten hat. Obwohl ich die Kleine zusammen mit meiner alleinstehenden Tochter groß ziehe, habe ich nicht gemerkt, wie schwer es ihr gefallen ist, zu spüren, dass von diesem Kind kein Zeichen der Bindung ausging. Das kleine süße Mädchen entpuppte sich schnell als "pflegeleichtes" Kind, das sehr ruhig und zufrieden in seinem Bettchen lag und sich vorwiegend selber beschäftigte.
Die Kehrseite der Medaille war, dass das Baby nicht nach der Mutter verlangte, dass es dem Kind egal war, wer seine notwendigen Bedürfnisse befriedigte. Es lächelte nicht zurück, streckte der Mama keine Ärmchen entgegen, um hochgenommen zu werden, wollte nicht aus dem Bettchen zum Spielen auf den Boden gesetzt werden, wollte nicht kuscheln, nicht beschäftigt werden. Es schien mit sich und der Welt zufrieden zu sein. Das hat meine Tochter zutiefst getroffen und wird ihr ein Leben lang nachhängen.

Enttäuschung, tiefe Traurigkeit und Schuldgefühle, keine gute Mutter zu sein, quälen die Mütter, die eine "lebendige Puppe" statt eines "normalen Babys" vor sich haben. Die tiefe Bindung fehlt und führt zu enormem Frust, weil von einem autistischen Kind keine Gefühle auszugehen scheinen. Es schreit, weil es Grundbedürfnisse hat, aber nicht, weil es Liebe und Nähe der Mutter sucht. Es will versorgt werden - egal von wem. Dann scheint seine Welt wieder in Ordnung zu sein.

Mehr als vier Jahre hat es gebraucht, bis sich eine engere Bindung zwischen meiner Tochter und ihrem Töchterchen gebildet hat. Jetzt scheint die Kleine ihre Mama zu vermissen, wenn sie mal nicht da ist. Jetzt kommt sie zum Kuscheln, lässt sich von ihr trösten, strahlt, wenn sie sie sieht.
Das tut meiner Tochter so gut. Trotzdem kann sie die ersten Jahre nicht vergessen. Sie haben tiefe Wunden hinterlassen.