Autismusshirt

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Sonntag, 25. Januar 2015

Unergründliche Probleme bei der Körperpflege

Liebe Leser,
mit der Zeit werden manche Dinge einfacher, andere dafür komplizierter im Laufe der Entwicklung autistischer Kinder. Dabei ist die Körperpflege immer noch ein heikles Thema. Dusche und Badewanne sind bei meiner Enkelin immer noch sehr unbeliebt und erfordern viel eigenen Einsatz. Das Abwaschen mit einem Waschlappen ist auch nicht gerade leicht, wenn eine Weglauftendenz besteht. 
Aber es geht jetzt vielmehr darum, dass wir verstehen möchten, warum das Waschen der Hände, das Säubern und Schneiden der Fingernägel kein Problem mehr darstellt, wohingegen niemand an die Füße darf (außer zum Kitzeln). Die Fußnägel, die von Anfang an in einem schlecht gewachsenen Zustand sind, sehen katastrophal aus, zumal sie dann auch noch recht schwarz sind. Keine Kinderschere und keinen Waschlappen oder Feuchttücher lässt die Kleine an ihre Zehen heran. Lediglich die Fußsohlen dürfen vom ärgsten Schmutz beseitigt werden, wenn wieder mal Barfußtag war.
Mit den Haaren ist es nicht viel besser. Wir können unserem Schatz inzwischen die Haare schneiden und auch halbwegs stressfrei waschen. Aber das morgendliche Kämmen kostet jedes Mal Überwindung. Wie kämmt man ein Kind, das beide Hände fest auf die Haare presst und sich auf den Fußboden legt, wenn wir mit der weichen Haarbürste kommen? Sie, die sonst kaum Schmerz empfindet, schreit beim Kämmen, als würde ihr der Skalp abgerissen. Allein hat man einfach keine Chance. Mama oder ich müssen versuchen, die Händchen festzuhalten, um sie nicht mit der Bürste zu kratzen und um überhaupt an die Haare heran zu kommen. Wir haben der Kleinen auch schon einen eigenen Spiegel gekauft und gehofft, das Kind, das viel selber machen möchte, würde vor diesem das Kämmen selber übernehmen. Denn sie mag Spiegel und betrachtet sich gerne darin. Sie möchte auch gelegentlich ein Minizöpfchen mit einem Gummi abgeteilt haben. Aber Kämmen - nein danke! - bloß nicht!
So ist es mit vielen Kleinigkeiten, die wir gerne verstehen würden. Dann ließe sich vielleicht auch ein Weg finden, um Abhilfe zu schaffen. So müssen wir uns mit Einigem einfach abfinden und bei anderen Dingen täglich durch - auch wenn es beiden Seiten nicht gefällt. Eines Tages löst sich das eine oder andere Problemchen vielleicht von selber.

Samstag, 24. Januar 2015

Abendliche Gartenspaziergänge

Liebe Leser,
Manchmal verhält sich unsere Kleine (bald 6) wie eine Große - oder besser: wie Große vernünftiger Weise ihren Tag abschließen sollten.
Meine autistische Enkelin gibt selber ein Zeichen, wann der Tag für sie endet, wann sie ins "Bett" gebracht werden möchte. Denn davor will sie noch einmal in den Garten, um "runter zu kommen". Sie läuft ein paar Schritte, bleibt dann vor Sträuchern stehen, berührt sie und schnattert in der ihr eigenen Sprache auf diese ein. Dann läuft sie wieder ein Stückchen weiter, schaut in den Himmel und redet pausenlos. Und wieder geht es zu den nächsten Gewächsen; sie dreht sich im Kreis, rupft ein paar Blättchen ab und erzählt. Sie ist dann ganz in ihrer eigenen Welt. Sie scheint das Erlebte des Tages zu verarbeiten und darüber zu plaudern. Niemand versteht es, aber ihr scheint es sehr gut zu tun. Nach etwa 10 Minuten kommt sie zum Haus zurück, sagt "fertig" und erwartet dann, fürs Schlafen vorbereitet zu werden. 
Wir sind begeistert davon, wie wunderbar dieses Kind abschalten kann - gerade wenn am Tag wieder viele Reize und Eindrücke auf sie eingewirkt haben. Was nicht heißt, dass meine Enkelin Rücksicht darauf nimmt, dass für Mama und mich die Nacht nicht schon ab 1.00h (spätestens 3.00h) nachts zu Ende ist. Aber das ist bekanntlich ein anderes Thema. 

Samstag, 17. Januar 2015

Unser Verein "Autistische Welt" ist gegründet

Liebe Leser!
Der gestrige Tag war für uns ein ganz besonderer.
Wir haben unseren Verein "Autistische Welt" gegründet. 
Jetzt fehlen nur noch zwei formale Akte: Die Eintragung ins Vereinsregister und die Anerkennung als gemeinnützig.
Was wir erreichen wollen, haben wir versucht, in unseren Zielen auszudrücken.
Hier sind sie:

Gemeinnütziger Verein „Autistische Welt“ e.V.
ZIELE


  1. Differenzierte Informationen über die unterschiedlichen/individuellen Ausprägungen der Symptome bei (frühkindlichem) Autismus
  2. Beratung der Eltern als wichtigste Begleiter für ihr autistisches Kind; Beratung autistischer Menschen
  3. Versuch der Bereitstellung Familien unterstützender Personen
  4. Lernunterstützung durch Einsatz von Lernprogrammen mittels Ipads
  5. Aufklärung der Öffentlichkeit
  6. Angebot tiergestützter Therapien
    a) durch Pferde
    b) durch Hunde
    Insbesondere ist der Aufbau eines Pferdehofes geplant mit Arbeitsplätzen für erwachsene Autisten, wo auch Reittherapie angeboten werden soll.
    Angeschlossen werden soll eine Hundepension, die ebenfalls Arbeitsplätze für erwachsene Autisten bietet. Ergänzend wird eine Ausbildungsstätte für Autisten-Begleithunde angegliedert.


Wir hoffen sehr. dass wir recht schnell einige kurzfristige Ziele und langfristig auch die großen Ziele umsetzen können. Dazu brauchen wir viel Unterstützung von Menschen, die ein Herz für "besondere" Kinder haben und bereit sind, sich einerseits für unsere Projekte persönlich einzusetzen und ihre Zeit zu spenden. Andererseits benötigen wir auch großherzige Spender, die Gelder bereit stellen für die Verwirklichung der Projekte, die nicht nur durch ehrenamtliches Engagement zu erreichen ist.
Ich wünsche einen schönen Sonntag!
Ilse Gretenkord

Freitag, 16. Januar 2015

Warum gerade wir?

Liebe Leser!
Heute bin ich in einem Autismus-Forum auf einen Text gestoßen, der über die Frage philosophierte, warum ein autistisches (überhaupt ein besonderes) Kind gerade in diese und nicht in eine andere Familie hinein geboren wird. 
Ich bin da in einer besonderen Position; denn ich bin nicht die Mutter des Kindes, sondern die Oma. Aus der Sicht der Mama will und kann ich die Frage nicht beantworten, falls sich dafür überhaupt eine Antwort finden lässt.
Aber auch ich als Oma, die die Kleine von Geburt an mit groß zieht, mache mir meine Gedanken. Grundsätzlich hätte ich jedes Enkelkind mit offenen Armen aufgenommen - egal, mit welcher Behinderung es möglicher Weise auf die Welt gekommen wäre. Aus meiner Sicht ist jedes Kind ein Geschenk Gottes - und das lehnt man niemals ab.
Meine Enkelin hat mein Leben völlig auf den Kopf und die Weichen für mein letztes Lebensdrittel gestellt. Bevor das Kind zur Welt kam, hatte ich meiner Tochter das Versprechen abgenommen, dass ich mich nur recht wenig allein verantwortlich um die Kleine kümmern müsse. Das hatte zwei Gründe. Erstens tue ich mich etwas schwer mit kleinen Kindern, weil mir ein wenig die Fantasie und Geduld fehlt, mit ihnen selbstvergessen und ausgelassen zu spielen. Zweitens bin ich körperlich sehr eingeschränkt, so dass die Beweglichkeit fehlt, die man für die Beaufsichtigung eines mobilen Kleinkindes braucht. Meine Betätigungsfelder sind der Schreibtisch und der PC, nicht der Spielplatz und der Kinderzimmerfußboden.
Auch hatte ich mir im gemeinsamen Haus den größten ebenerdigen Raum für mich ausgesucht. Jetzt hause ich inzwischen in einem ausgebauten Dachzimmer mit Toilette und fließend kaltem Wasser, Microwelle und Kühlschrank, erreichbar über eine Außenwendeltreppe. Dort wohne, schlafe und arbeite ich - wie in einer Studentenbude. Mein ursprünglich großes Zimmer hat nun meine autistische Enkelin, das passend für ihre Bedürfnisse umgebaut und gestaltet wurde. Aber das ist mir wichtiger als meine eigene Bequemlichkeit. Ich habe gelernt, umzudenken und bin dankbar dafür, dass durch das Kind mein Leben ganz neue Perspektiven bekommen hat. Dieser kleine Engel hat mir gezeigt, wie erfüllend es ist, sich intensiv um ein kleines Kind zu kümmern, auch wenn es sich erheblich von dem Umgang mit anderen Kindern unterscheidet. Die Liebe zu diesem besonderen Kind, bei dem jeder noch so kleine Fortschritt Begeisterung auslöst, ist so wertvoll, dass andere Wünsche, die sich jetzt nicht mehr erfüllen lassen, ganz in den Hintergrund treten.  
Insofern ist es wunderbar, dass dieses besondere Kind hier genau zu uns gekommen ist. Ich habe mein Leben voll umstellen können und bin glücklich damit. Ich beschäftige mich intensiv mit dem Thema "Autismus", habe bereits ein Buch darüber geschrieben, initiiere zusammen mit meiner Tochter die Gründung eines Vereins für Autisten und wir haben viele Freunde hinzu gewonnen. 
Auch für den Opa ist der kleine Schatz ein riesiges Geschenk. Da wir nur eine Tochter haben und mein Mann lieber mehr Kinder Kinder gehabt hätte, ist dieses Enkelkind, das mit unserer Tochter bei uns lebt, eine große Bereicherung. Mit der "Behinderung" hat er überhaupt kein Problem. Auch er freut sich riesig über jedes neue Wort, das die Kleine lernt, über jede neue Entdeckung, die sie macht, geht auf jeden Wunsch des Schätzchens ein, ohne die Dinge durchgehen zu lassen, von denen sie lernen soll, sie zu unterlassen. Er, der zuvor nie das Wort "Autismus" gehört hatte, interessiert sich für jede Information, fährt mit zu Therapien und Untersuchungen und setzt sich für das Wohl und die Förderung der Enkelin ein.
Ich denke, bei diesem autistischen Kind, das von Mama, Oma und Opa mit völliger Unvoreingenommenheit und unendlicher Liebe aufgenommen ist, stellt sich gar nicht die Frage nach dem "warum haben gerade wir ein <besonderes> und nicht ein gesundes Kind bekommen?"   

Montag, 12. Januar 2015

Nächtlicher Stress

Hallo, liebe Leser!
Ich habe ein paar Tage gezögert, bis ich über dieses Thema zu schreiben bereit war. 
Meine Enkelin, die im Mai 6 Jahre alt wird, ist oft ab Mitternacht oder 1h nachts wach. Beim 1. Mal wacht sie pitschnass auf, weil selbst die vier Windeln, die sie abends übereinander ziehen möchte, nicht verhindern können, dass sie oft vom Kragen bis in die Socken voller Pipi ist. Das ist unabhängig davon, ob sie am Tag oder gegen Abend viel oder wenig getrunken hat. Sie trinkt aus unserer Sicht ohnehin recht wenig.
Dann heißt es abwaschen, neu wickeln und umziehen.
Soweit ist ja noch alles in Ordnung.
Aber danach wird es unerfreulich. Denn die Kleine schläft dann nicht mehr ein, sondern beschäftigt sich allein mit ihrem Ipad und isst und trinkt ein wenig in ihrem Zimmer. Doch bis zum Morgen muss man spätestens alle 1,5 Stunden nach ihr schauen, weil sie dann splitternackt durch ihr Zimmer läuft, da die nächste Windel total durchnässt war. 
Früher hat sie geschrien, wenn ihr die nasse Windel unangenehm wurde. 
Dazwischen, vor ca. 1,5 Jahren, zog sie ihre Windeln einfach aus Spaß wieder aus, weshalb wir keine andere Möglichkeit sahen, als sie mit Klebeband festzukleben. Das fand sie total lustig und hat es akzeptiert. Nachdem sie eine Weile später das Klebeband selber los bekam und die Windeln wieder anließ, war das Thema vorbei. 
Dann kam vor ein paar Wochen eine kurze Zeit, dass meine Enkelin durch lautes Tuten darauf aufmerksam machte, dass sie sich ausgezogen und von der nassen Windel befreit hatte. Dadurch konnte man sofort reagieren und vermeiden, dass das Kind lange nackt durchs Zimmer lief.  
Jetzt aber handelt sie selber, ohne sich jedoch bemerkbar zu machen. Deshalb ist dauernde Kontrolle angesagt, was bedeutet, dass nach Mitternacht alle 1,5 Stunden der Wecker klingelt, falls man überhaupt noch zum Schlafen kommt. Denn mit einem Ohr hört man doch aufs Babyphone. Unterließe man die rechtzeitige Kontrolle, würde die Kleine nach dem selbstständigen Ausziehen der Windeln Pipi ins Zimmer machen. Das Toilettentraining ist nämlich bisher trotz aller hartnäckigen Versuche zu Hause und im heilpädagogischen Kindergarten erfolglos geblieben.  
Wir können jedoch noch froh sein, dass meine Enkelin die Windeln anbehält, wenn Stuhl darin ist. Leider gibt es nicht wenige Autisten, die mit Kot alles beschmieren, was die Eltern zur Verzweiflung bringen. Doch da kann sie trotz ihrer Wahrnehmungsstörung unterscheiden. In dem Fall nämlich sagt sie "iii" und "bäh", wenn man ins Zimmer kommt und lässt sich die Windeln entfernen und den Popo säubern.
Trotz alledem ist es schon eine Belastung, wenn man die zweite Nachthälfte damit verbringt, ständig aufzustehen und ein nacktes Kind vorzufinden. 
Wir hoffen nur, dass es eine Phase ist, die auch mal wieder vorbei geht. Aber wer weiß, was dann kommt???.           

Freitag, 2. Januar 2015

Bekleidung und Körpergefühl

Liebe Leser!
Ich schmunzle noch über das,was gestern meine Enkelin gebracht hat.
Die Kleine (5, frühkindlicher Autismus) hat ein ambivalentes Verhältnis zur Bekleidung. Mal läuft sie nur in Windeln herum und will sich absolut nichts anziehen (lassen), mal zieht sie sich so viel übereinander, dass sie sich kaum noch bewegen kann. Gestern waren es 4 Langarmshirts, ihre 10 Sommerkleidchen (die sie trotz Verstecks wieder gefunden hatte), 3 Kurzarmshirts und 2 dicke Leggins. Sie war so rund wie Obelix; man hätte sie rollen können. Sie sah so witzig aus, dass wir alle Spaß hatten -- sie am meisten. Sie suchte jeden Spiegel in der Wohnung und stand gibbelnd und gackernd davor.
Als sie jedoch das gleiche abends wieder anziehen wollte, um damit schlafen zu gehen. war langes „Diskutieren“ angesagt. Da sie inzwischen viel mehr versteht, hat langes gutes Zureden dann irgendwann geholfen, sie auf 4 saubere Langarmshirts, 2 dünnere Leggins und 2 Paar Socken runter zu handeln. Schlafanzüge sind schon immer tabu gewesen. Deshalb müssen wir immer frische Bekleidung für die Nacht bereit halten.
Viele kleine Kinder verkleiden sich gerne. Besonders Mädchen stibitzen ihren Müttern Kleider und high heels und stolzieren damit durch die Wohnung und vor dem Spiegel herum.
Bei Autisten finden die Experten eine andere Erklärung für die Befreiung von.Bekleidung (unabhängig von der Temperatur) und für das Anziehen viel zu vieler Bekleidungsstücke, die sie sehr einengen. Es geht um die eigene Körperwahrnehmung. Mal möchten sie sich frei fühlen und die Temperaturen spüren, zumal sie oft ein sehr schwach entwickeltes Gefühl für Kälte und Wärme haben. Dann wiederum haben sie das Bedürfnis, den eigenen Körper stärker zu fühlen, indem sie ihn dick einpacken, fest umschließen. Manchen Kindern werden stundenweise Jacken mit höherem Gesicht (mit Blei beschert) angezogen, weil sie den Druck brauchen, um sich hinreichend spüren zu können. 
Bei meiner Enkelin läuft das Ganze - wie viele andere Begebenheiten - eben sehr spaßig ab.